Schule des Lebens „Helen Keller“, Ernst-Barlach-Ring 37, 06124 Halle/S.

 

Berufsorientierungskonzept

der Schule des Lebens „Helen Keller“ 2013

 

„In jedem Menschen ruht für irgendeine Wirksamkeit oder  einen Beruf eine vorwaltende Anlage und eine für ihre Ausbildung in gleichem Verhältnis stehende Kraft.“

(Georg Moritz Ebers)

 

Gliederung:

1. Zielstellung und Einleitung

2. Netzwerke der Förderschule „Helen Keller“

2.1. Schulinternes Netzwerk

2.2. Schulexternes Netzwerk

3. Organisation der Berufsorientierung der Förderschule „Helen Keller“

3.1. Handwerkertag

3.2. Praxistag

3.3. Praktikum in der Werkstatt für behinderte Menschen/ 1. Arbeitsmarkt

4. Zwischenfazit

 

 

1. Zielstellung und Einleitung

Zielstellung

Der pädagogische Prozess „Berufsorientierung“ zum Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ steht in einem engen Kontext mit der zielgerichteten Förderung und Entwicklung des anschlussorientierten Lernens für die Ausbildungs-, Arbeits- und Lebensperspektiven.

Unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten besteht das Ziel, eine Passung der individuellen Stärken und Interessen mit den vielfältigen Ausbildungs-, Arbeits- und Lebensangeboten zu erreichen und zu gewährleisten.

Einleitung

Der Entwurf unseres Berufsorientierungskonzeptes (Anlage 1) leitet sich aus der Notwendigkeit der Begleitung unserer Schüler/innen bei der Entwicklung einer Ausbildungs-, Arbeits- sowie Lebensperspektive ab (vgl. DEEKEN/ BUTZ, 2010; 6). Jede/r Schüler/in soll nach der Beendigung ihrer/seiner Schulzeit, bezogen auf die persönliche, zukünftige Lebensgestaltung, eigenverantwortlich eine realistische Entscheidung treffen können, welche auf individuellen und aktiv erworbenen Lebens- und Berufserfahrungen basiert (vgl. DORGERLOH 2011, 3). Im Beschluss zur inklusiven Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung im berufsbildenden Bereich, gilt es im Besonderen von den individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten der Jugendlichen auszugehen, sie frühzeitig vorzubereiten und ihnen die Erprobung von beruflichen Tätigkeiten mit selbständiger Lebensführung oder eine Beschäftigung in der Werkstatt für behinderte Menschen zu ermöglichen. Folgerichtig wird im Erlass zur Unterrichtsorganisation an den Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ (RdErl. des MK vom 13.04.2011; 17f.) darauf hingewiesen, den Schwerpunkt der Berufsorientierung in die Ober- und Berufsschulstufe zu legen.  Der Beschluss verweist zusätzlich auf die Bedeutung regionaler Netzwerke. „In diesem Netzwerk sind die berufsbildenden Schulen, die Kammern und Innungen, die Arbeitsverwaltung, die Jugend- und Sozialhilfe  und die nach Land und Kommune unterschiedlichen Ämter, Leistungs- und Kostenträger und gegebenenfalls weitere Beteiligte einzubeziehen“ (BESCHLUSS DER KULTUSMINISTERKONFERENZ vom 20.10.2011; 17f.).

Bei der Umsetzung orientieren wir uns in der aktuellen Entwicklung am Lehrplan der Berufsschulstufe mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“                         (BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS, 2007).

Eine wesentliche Voraussetzung für die Partizipation an der Arbeitswelt sind die Schlüsselkompetenzen. Da die arbeitsbezogene Bildung als integraler Bestandteil der allgemeinen Bildung zu verstehen ist, gilt es die Entwicklung der Schlüsselkompetenzen (Selbständigkeit, Leistungsbereitschaft, Kooperationsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit, Konflikt-, Kritik- und Teamfähigkeit ) über alle Schuljahrgangsstufen zu entwickeln und zu begleiten. In der Berufsschulstufe sollen die Basiskompetenzen grundlegend gefestigt sein, um die besondere Aufmerksamkeit auf deren individuelle und spezifische Entwicklung und Festigung zu erweitern. (vgl. LEHRPLAN FÜR DIE BERUFSSCHULSTUFE, 2007; 23f.) Unser Schulprogramm bildet gemäß dem Leitbild unserer Förderschule - „ Mittendrin im Leben – von Anfang an!“ - die Grundlage für die Gestaltung der Berufswahlvorbereitung. Das Konzept der Berufsorientierung favorisiert einen möglichst frühen Beginn der zielgerichteten Analyse, Entwicklung und Förderung der individuellen Stärken und Interessen unserer Schülerschaft. Durch einen lebensnahen, praktischen, anschaulichen und zukunftsorientierten Unterricht wird die Berufsorientierung bereits in der Unterstufe erfahrbar. Aufsteigend, mit wachsenden Anforderungen im berufsvorbereitenden Unterricht und durch eine umfangreiche Erweiterung der Betriebspraktika, erwerben die Schülerinnen und Schüler zielgerichtet Kenntnisse, Fähigkeiten und Schlüsselkompetenzen zur Bewältigung des beruflichen Alltags und der persönlichen Lebensplanung. Im besonderen Kontext dazu steht die Entwicklung und Förderung der Fähigkeit einer individuellen und wirklichkeitsnahen Selbsteinschätzung.

Darauf aufbauend erarbeitet jede/r Schüler/in ihr/sein persönliches Stärkeprofil, das ihr/ihm und allen an der beruflichen Orientierung Beteiligten hilft, eine optimale Passung im Berufsfindungsprozess zu erreichen. Elementar ist in diesem Prozess die immanente und aktive Einbeziehung der Eltern, der Kooperationspartner in den WfbM und der Vertreter des 1.  Arbeitsmarktes.

Die professionelle Qualität des pädagogischen Personals sichert ein schulinternes und schulexternes Netzwerk ab, das bestehend aus vielfältigen Bereichen und Partnern, die Stabilität und Kontinuität unserer Berufswahlvorbereitung sichert.

Die Planung und Zusammenarbeit innerhalb des schulinternen und schulexternen Netzwerkes wird durch die Koordinatorin für Berufsorientierung an unserer Förderschule organisiert.

 

2. Netzwerke der Schule des Lebens „Helen Keller“

2.1. Schulinternes Netzwerk

 

Zum schulinternen Netzwerk gehören:

a) Projekte

-       Trainingswohnung - Renovierungsarbeiten - Abschlussklasse,

-       Erarbeitung des Berufswahlpasses in der Ober- und Berufsschulstufe.

 

b) Projektorientierter Unterricht

Inhalte zur Kompetenzentwicklung durchlaufen alle Lernbereiche in allen Klassenstufen,

Lesen und Rechnen im lebenspraktischen Bezug in allen Klassenstufen,

Vermittlung der verschiedenen Berufsbilder in allen Klassenstufen,

Mobilitätstraining in allen Klassenstufen,

Exkursionen zur Betriebserkundung  in allen Klassenstufen.

 

c) Handwerkertag (alle Klassenstufen)

-       Mosaikgestaltung

-       Korbflechten

-       Schmuckgestaltung

-       Filzen

-       Töpfern

-       Papierschöpfen

-       Malen und Gestalten

-       Zubereitung von Speisen und Verkauf

 

d) Praxistag (Ober- und Berufsschulstufe)

    Arbeitsbereiche

-       Garten- und Landschaftspflege

-       Hauswirtschaft/Textilpflege

-       Hauswirtschaft/Kochen

-       Holzverarbeitung

-       Renovierung der Trainingswohnung

 

e) Elternarbeit

 

2.2.    Schulexternes Netzwerk

Zum schulexternen Netzwerk  gehören:

-       Praktika  in allen drei WfbM (Hallesche Behindertenwerkstätten e.V., Evangelische  Stadtmission Halle e.V., Saalewerkstätten der Lebenshilfe e.V. ),

-       Praktika in Betrieben des 1. Arbeitsmarktes (z.B. Pflegeunternehmen, Fahrradwerkstatt, Reinigungsdienst), 

-       Sprechstunden der Agentur für Arbeit mit der Schülerschaft der Abschlussklasse, 

-       begleitende Assistenz durch den Integrationsfachdienst.

 

3. Organisation der Berufsorientierung

3.1.    Handwerkertag

 

Am Handwerkertag nehmen, ausgenommen die Schüler/innen der 1.Klasse, alle Schüler/innen der Förderschule teil. Schüler/innen mit einem erhöhten individuellen Förderbedarf, werden in individuell abgestimmten Zeitrhythmen in den differenten Handwerken unterrichtet.

Der Handwerkertag findet einmal wöchentlich statt und umfasst vier Unterrichtsstunden.  Beim Erlernen der Handwerkstechniken und der entsprechenden Berufsbilder, steht das soziale Lernen und die Entwicklung der Schlüsselkompetenzen im Vordergrund. Diese können als Starterkompetenzen im Selbstfindungsprozess der Berufsorientierung verstanden werden.    13 Schüler/innen beteiligen sich klassenübergreifend an einem Handwerk und wechseln dieses alle acht Unterrichtswochen im Verlauf des Schuljahres. Die Ergebnisse  werden von der verantwortlichen Lehrkraft des Handwerks bewertend dokumentiert und vom Klassenlehrer bei der Erarbeitung des individuellen Stärkeprofils im Berufswahlpass mit einbezogen.

 

3.2. Praxistag

Dem Unterrichtserlass zur Berufsorientierung folgend, nehmen die Schüler/innen der Ober- und Berufsschulstufe am Praxistag teil. Dafür wählte die Schule vier Arbeitsbereiche  (s. Pkt. 2.1.) in Anlehnung an die in den Werkstätten aus. Der Praxistag findet einmal wöchentlich statt und umfasst 6 Unterrichtsstunden. 6 bis 8 Schüler/innen arbeiten klassenübergreifend in einem Arbeitsbereich zusammen. Schüler/innen mit einem erhöhten individuellen Förderbedarf nehmen in auf ihr Leistungsniveau abgestimmten Zeitrhythmen teil. Die Abschlussschüler/innen erhalten in diesem Jahr am Praxistag die Möglichkeit, Renovierungsarbeiten zur Fertigstellung der Trainingswohnung durchzuführen.

Die Schüler/innen lernen in der Oberstufe alle fünf Arbeitsbereiche kennen, wechseln diese halbjährlich und können dann mit Beginn der Berufsschulstufe, ausgehend von ihren Erfahrungen, Fähigkeiten und Interessen entscheiden, in welchem Arbeitsbereich sie sich bis zur Beendigung der Schulzeit qualifizieren möchten.  Die Arbeitsbereichsleiter  bewerten und dokumentieren gemeinsam mit den Schülern die Ergebnisse des Praxistages, die vom Klassenleiter bei der Erarbeitung des individuellen Stärkeprofils im Berufswahlpass einbezogen werden.

3.3. Praktikum in der Werkstatt für behinderte Menschen/ 1. Arbeitsmarkt

Alle Berufsschulstufenschüler, mit Ausnahme der schwerst und mehrfach behinderten Schüler/innen, führen in der Zeit der Berufsschulstufe in allen drei Werkstätten für behinderte Menschen der Stadt und des Saalekreises ein Praktikum pro Schuljahr durch.

Das Kennenlernen aller Werkstätten ermöglicht den Schüler/innen eine optimale Entscheidungsfindung für den zukünftigen Arbeitsplatz. Das Praktikum umfasst den Zeitraum von zwei Wochen. Die Praktikumszeiträume und -orte werden am Ende des laufenden Schuljahres für das kommende Schuljahr von der Koordinatorin für Berufsorientierung der Förderschule und den Verantwortlichen der Werkstatt für behinderte Menschen besprochen. Basis ist immer eine abgeschlossene Praktikumsvereinbarung.

Aus der Sicht der Förderschule ist elementar unterstützend, wenn die betreffende Werkstatt für behinderte Menschen einen festen Zeitraum, ca. vier Wochen, im folgenden Schuljahr für unsere Praktikanten/innen bereithalten würde. Somit wäre genug Praktikumszeit für die Schüler/innen der Oberstufe im letzten Oberstufenjahr vorhanden, um ein erstes „Schnupperpraktikum“ durchzuführen. Schüler/innen, mit dem Interesse und der Befähigung für den 1. Arbeitsmarkt, können in dieser Zeit ein Betriebspraktikum absolvieren. Hier sind von den Kooperationspartnern (Schule/Arbeitgeber) schriftliche Kooperations- und Praktikumsvereinbarungen festzulegen.

Von besonderer Bedeutung ist die kontinuierliche Zusammenarbeit  mit dem Integrationsfachdienst, um bei Bedarf eine begleitende Assistenz bereitzustellen. Für die mögliche Integration eines Schülers/einer Schülerin auf dem 1. Arbeitsmarkt ist empfehlend eine fachliche Begleitung notwendig.

Der Klassenleiter dokumentiert mit den Schülern/innen die Ergebnisse der Praktika kontinuierlich im Berufswahlpass, erarbeitet mit den Schülern einen Lebenslauf und eine Bewerbung. Außerdem führt er ein entsprechendes Mobilitätstraining durch.

4.  Zwischenfazit

Zur Umsetzung der Zielstellung wurden die kommunikativen Kontakte zu den „Werkstätten für behinderte Menschen“ in Halle/ Saale intensiviert und eine gemeinsame Praktikumsplanung für das Schuljahr 2012/2013; 2013/2014 abgeschlossen.

Übersicht  „Werkstätten für behinderte Menschen“

 

Werkstatt der Stadtmission Halle e.V.

Exkursionstag: Oppin und Johannashall

 

Hallesche Behindertenwerkstätten e.V.

Exkursionstag

 

Saale-Werkstätten der Lebenshilfe e.V. Halle

      zwei Exkursionstage 

 

3.1. Projektwoche im Außenobjekt Wettelrode der Lebenshilfe e.V. Halle

       Teilnehmer (18 Schüler) werden im Schülerwettbewerb am Praxistag ermittelt

 

  1. Praktika 1. Arbeitsmarkt
  2. Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit
  3. Berufsorientierungsgespräche
  4. Zusammenarbeit mit dem Integrationsfachdienst

 

Initiative Inklusion Handlungsfeld 1 – Modellprojekt „Übergang Förderschule – Beruf“

Im Schuljahr 2013/2014 wurden mit Schüler/innen, deren Eltern und dem Integrationsfachdienst Verträge abgeschlossen, die eine Durchführung von Berufspraktika auf dem 1. Arbeitsmarkt ermöglichen.

Voraussetzung ist ein erfolgreich absolviertes Orientierungspraktikum im 10. Schulbesuchsjahr auf dem 1. Arbeitsmarkt. Nun, im 11. Schulbesuchsjahr, finden für diese Schüler/innen zwei „Erprobungspraktika“ auf dem 1. Arbeitsmarkt statt. Ziel ist wieder eine sehr gute Bewertung. Die dritte Stufe der Förderung findet im 12. Schulbesuchsjahr statt. Jetzt soll ein „Belastungspraktikum“ den Übergang von der Förderschule zum Beruf mit vorbereiten.

Welche Unternehmen des 1. Arbeitsmarktes konnten für die Umsetzung des Modellprojektes „Übergang Förderschule – Beruf“ gewonnen werden?

a)     Pflegeheim der Partiogruppe Halle

b)     Fahrradwerkstatt Rad & Tat,

c)     Garten- und Landschaftspflege Goldberg und Galgenberg

d)     Studentenwerk- Arbeitsbereich „Küche“

e)     Firma Hostel NO 5, Hausmeisterdienste

f)       Sportstätten der Stadt Halle/ Saale, Brandbergehalle, Sporthalle Lettin, Robert-Koch- Stadion; Platz- und Hallenwart unterstützende Dienste

 

7. Auswertung der Praktikumsergebnisse

Die Auswertungen erfolgen auf folgenden Interaktionsebenen:

-       Praktikant/innen - Praktikant/innen,

-       Praktikant/innen - Klassenleiter/innen,

-       Klassenleiter/innen - Koordinatorin „Berufsorientierung“,

-       Praktikant - Werkstatt für Menschen mit Behinderung,

-       Werkstatt für Menschen mit Behinderung -  Koordinatorin „Berufsorientierung“,

-       1. Arbeitsmarkt – Integrationsfachdienst – Praktikant/innen – Klassenleiter/innen –  Elternhaus – Koordinatorin „Berufsorientierung“.

 

 

 

Karge                                             Göricke  

Schulleiter                                      Koordinatorin „Berufsorientierung“                                                              

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




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